| 27. August 2020Flickwerk, Flickstücke, Einheit? Ein wenig hier, ein wenig da, als Kinder haben wir genascht an der Marmelade, am Pudding. Als Erwachsen naschen wir an Gedanken, Erkenntnissen, Theorien, die andere zubereitet haben. Wir beschränken uns nicht auf die wenigen Speisen, die uns sättigen, wir mischen alles um nichts zu verpassen und versäumen dadurch das Glück des Nährens. Auch Flickstücke sind in der Lage ein Teppich zu werden, bunt und vielfältig zusammengewebt; Freude und Abwechslung können sie hervorbringen, Unterschiede, die sich zusammentun, sich anpassen, sich in ihrer Vielfalt vertragen, bereichern. Was ist Leben? Vielfalt und Einheit. Die Vielfalt tut sich in der Tiefe der Einheit auf - die Einheit wächst mit der Vielfalt der Teile. 17. Juli 2020
Literatur im Leben - Leben in Literatur „Literatur ist eine Arena, die uns zu verstehen gibt, wer wir sind“ ( Sibylle Lewitscharoff)
Was hat Literatur mit unserem Leben zu tun?
Ist Literatur gesellschaftlich und kulturell relevant?
Wie gestaltet sich das Leben in der Literatur?
Wie beeinflusst Literatur unser Leben?
Diese fremden manchmal auch vertrauten oder irritierenden Geschichten, schleichen sie sich in unser Leben?
Mit diesen und ähnlichen Fragen beschäftige ich mich seit ich lese und selber schreibe.
Als ich mit 12 Jahren heimlich „Die Kreuzersonate“ von Tolstoi aus dem Bücherschrank zu Hause zog glaubte ich das Leben sei so, kompliziert und auch gefährlich, wenn es um Männer und Frauen und die Liebe geht.
Erzählt Literatur das reale Leben?
Ja und nein denke ich.
Cortázar macht keinen klaren Unterschied zwischen Leben und Schreiben.
Julio Cortázar, den ich bei dieser Gelegenheit bekannt machen möchte und euch empfehle zu lesen war ein argent.-franz. Schriftsteller (1984 gest.)und großartiger Erzähler zeitloser auch surrealer Geschichten, z.B. die Kurzgeschichtensammlung „Reise um den Tag in 80 Welten“
Cortázar hat die lateinamerikanische Literatur nachhaltig verändert. García Márquez und Vargas Llosa sind m.E. zu Unrecht bekannter als Cortázar. Engagiert hat er sich zum Beispiel auch gegen die Diktaturen in Argentinien, Chile und Uruguay.
Pablo Neruda sagt: Wer Cortázar nicht liest, ist verloren. Das ist, als hätte man noch nie im Leben einen Pfirsich gegessen. Und wenn man noch nie einen Pfirsich gegessen hat, dann fallen einem die Haare aus nach und nach. Und alles hängt nur damit zusammen, weil man noch nie Cortázar gelesen hat!
Also dieser Cortázar ließ einen klaren Unterschied zwischen Leben und Schreiben nie gelten. Vielleicht hat er ja recht!
Aber nicht alles was geschrieben steht ist ein Abbild der Wirklichkeit. Selbst in Autobiografien nicht. Es wird erfunden, phantasiert, gelogen, geschönt und verdammt, die Welt verzaubert und verändert, aber das was da geschrieben steht, da hat Cortázar recht, stimmt mit der Wirklichkeit der momentanen Gefühlsgedankenwelt der Schriftstellerin in dem Moment, in dem sie formuliert überein. Sonst könnte sie nicht schreiben.
Die sogenannte Wirklichkeit ist durch ständige zufällige und nicht zufällige Ereignisse anwesend, hat keinen Anfang und kein Ende. Die Literatur macht daraus Geschichten im Zusammenhang, sie greift alle Themen auf.
Im Unterschied zum Journalismus behandelt Literatur die Themen umfangreicher, geschichtsbezogen und nicht nur topaktuell, bringt alles was länger als gestern heute und morgen von Bedeutung war ist und sein wird ins Bewusstsein des Einzelnen und der Gesellschaft.
Die Grundthemen sind nahezu immer gleich: Sinn des Lebens, der Tod, Verrat, die Liebe, Ideale wie Freiheit, Toleranz und Solidarität.
Warum lesen wir?
Aus Neugier auf andere Leben und Welten. Es werden uns Geschichten erzählt, die uns ablenken von unserem Alltag,uns eintauchen lassen in andere Welten, uns inspirieren über etwas nachzudenken, uns Freude bereiten, wir können uns identifizieren und unterscheiden, Geschichten erweitern die eigene Gefühlsgedankenwelt,
geben Anregungen für meine Phantasie, die dann spazieren gehen kann in unbekannten Welten.
Das Erleben des mir nicht Vertrauten, des Anderen, erzeugt Spannung, weckt Interesse, wir importieren neue Aspekte in unsere Gefühlsgedankenwelt, wenn wir uns dafür öffnen. Das Risiko dabei ist, dass ich mich auf eine andere Weltsicht einlasse, die Worte in mein Gedankensystem aufnehme, meine Gedanken und Gefühle durcheinanderwirbeln lasse, was u.U. zu Handlungen führt, die ich vielleicht so nicht wollte.
Wir leben täglich Geschichten, aber wir kennen sie bereits, sie sind uns vertraut. Es ist als ob wir das gleiche Buch jeden Tag, mit kleinen Variationen, wieder lesen. Deshalb Literatur?
Sibylle Lewitscharoff, Georg-Büchner Preisträgerin, u.a.Beckett und Kafka Liebhaberin sagt in ihren Poetikvorlesungen, dass auch der Blick in vergangene Kulturen und Leben uns bereichern und
„. . . . . für die Literatur unabdingbar: der fremde Blick auf das Eigene.“
Der Mensch generell braucht die Veränderung, das Gehirn will Nahrung als Schutz vor Verarmung des Geistes, vielleicht auch vor Verkalkung.
13. Mai 2020
Ich bin Epikuräer ja ja (Samos 341 vor Chr. bis 271 vor Chr.) Der Kern ihrer Philosophie ist die Ethik (Naturerlebnis ist lediglich ein Mittel), ihr Ziel: durch „richtiges“ Denken ein glückliches Leben zu gewinnen. Der Maßstab der Wahrnehmung ist die sinnliche Wahrnehmung, auf die sich auch alle Vernunftserkenntnis aufbaut. Wahre Glückseligkeit (Eudämonie) als Wesen des Sittlichen sei nicht nur durch grobe Sinnen- Lust, sondern nur durch weise Abwägung des Genusses, durch Selbstbeherrschung, Tugend, Gerechtigkeit erreichbar. Ihre höchste Form sei die unerschütterliche Ruhe der Seele (Ataraxie). Wenn die Epikuräer von der „unerschütterlichen Ruhe der Seele“ sprechen, dann verstehe ich darunter die Wahrnehmung ohne zusätzliche Interpretation, bzw. die bewusste Entscheidung, womit ich das Wahrgenommene verknüpfe, mit welchen Fühlgedanken. Ich entscheide damit auch selbst über die Zuordnung dessen was mir begegnet, die Zuordnung zu Theorien der Wirklichkeiten, zu Ideologien, zu Glaubens – und Wertesystemen. Es ist eine kritische Reflexion dessen, was wir deutend empfinden. Ich kann beide, Gedanken und Emotionen nicht mehr trennen, obwohl der gedankliche Bereich den emotionalen verdrängen kann und umgekehrt, je nach Gegenstand der Wahrnehmung und der damit verbundenen Erfahrung. Wenn ich diese Fähigkeit des Gehirns anerkenne, muss ich Verantwortung (was das zu bedeuten hat muss ich noch untersuchen) für meine Fühlgedanken übernehmen. (Meine Tagebuchnotiz von 2006, heute noch genauso gültig). 14. April 2020
Guten Morgen Leben Ein angenehmer Wind bewegt alles was ihm in den Weg kommt, von allen Seiten wird mein Körper ertastet, gestreichelt, sanft berührt. Die Büsche wiegen sich nachgiebig, gefügig. Selbst die Sonne schaut interessiert zu und die Turmuhr, dieses Leben fröhlich kommentierend, lässt mich aufhorchen. Nur ein wenig lästig fliegen die Haare ohne Orientierung um meinen Kopf, ich muss sie hin und wieder bändigen. Schwalbenschwärme deren Flugordnung niemand außer ihnen selbst kennt versammeln sich – in Absprache – zu hunderten auf der Kirchturmspitze und dem kleinen Zwiebelturm. Nachzügler umschwirren flatternd, Platz suchend den Versammlungsort. Einige rücken näher zusammen, um dann zu warten. Oder einfach um zu sitzen, gemeinsam, hoch oben. Gelegentlich wird der Miniplatz gewechselt. Nur die Wolken vom Wind ermutigt ziehen schon davon, sodass sich der Kirchturm zur Seite neigen darf. Mein Blick gleitet über Bewegtes und Unbewegtes, bleibt gelegentlich an der Bewegung hängen, die nicht gleichmäßig eine Richtung bevorzugt, sondern in ihrer Vielfalt den Raum durchstreift, spielend den Büschen diese Räume aufzeigt, um sie gleichzeitig mit ihren Grenzen zu konfrontieren. Die Bewegung als Resultat unserer Wahrnehmung und Strukturierung der Welt. Zeit und Bewegung sind so eng miteinander verbunden, dass das Eine ohne das Andere nicht da ist. Lohnt es sich über Bewegung und Zeit nachzudenken, was ja selbst ein Prozess der Bewegung, der Zeit ist? Lohnt es sich über die nicht entscheidbare Frage nachzudenken: kann das Denken, das nur in Zeit und Bewegung vorhanden ist, über sich selbst nachdenken? Ich schaue, lächle, denke nicht mehr!
3. April 2020Was ist die Alternative zu immer mehr Aneignung von gehörten und angelesenen Nachrichten oder auch reproduziertem Wissen, also zu angehäuften Gedanken und immer größeren Verknüpfungen von momentanen Einsichten und bereits Gedachtem? Wir lesen, verknüpfen, schreiben, denken, hören Nachrichten, Kommentare.... Mensch sein bedeutet doch etwas mehr oder gänzlich anderes; jegliche künstlerische und informative Betätigung...interessant, aber nur ein geringer Teil dessen, was unser Menschsein ausmacht. Wir leben in einer Zeit, die uns die Einsamkeit schmackhaft machen will, die Individualität als das große Besondere beschreibt. Alle Gemeinschaft wie Familie, Sippe, das Miteinander wird schnell als altmodisch und überholt angesehen, wie z. B. das Zusammenleben mit Eltern, Großeltern und Verwandten. Die Zugehörigkeit zu Vereinen, die mitmenschliche Traditionen fördern und sich gegenseitig unterstützen oder wie hier im Allgäu Gruppen, die miteinander musizieren sind wunderbar und auch sinnvoll. Die Vereinzelung schafft auch den Irrtum der Omnipotenz in Richtung Herrschaft des Einzelnen! Der Sozialismus, Kommunismus hat Gemeinschaft gründlich ad absurdum geführt. Aber das Kind mit dem Bade auszuschütten ist nicht die Alternative. Eine Gemeinschaft mit dem Ziel , das zu mehr Menschlichkeit beiträgt, wie Respekt vor dem Gegenüber, Solidarität mit den verlorenen Seelen, den Armen und dem Ziel, das psychische Elend zu verringern, könnte in dieser schwierigen Zeit noch weiter erprobt werden. * Draußen, zwischen der Erde und dem blauen Himmel, liegt ein dünner Schleier, in dem die Sonne sich verfängt. Nichts bewegt sich, Arvo Pärt klingt in den Raum der Stille. Ich atme verzögert und lächle. 15. Februar 2020Mein Thema heute: Das Gehirn, ein merkwürdiges Gebilde, interessant für die Wissenschaft seit Zeiten, auch für mich, für uns. Manchmal oder meistens macht es sich ohne meine Erlaubnis selbständig. Ist Euch das schon mal aufgefallen? Probiert es mal aus, falls ihr Zugriff darauf habt, was nicht jedem gegeben ist. Ihr habt aber Zugriff, sonst wärt ihr nicht hier. Ich möchte bei der Wissenschaft einen Antrag auf Subvention für die Entwicklung und Einrichtung einer Reinigungsapp für Gehirne stellen, für mit Unsinn jeglicher Art vollgestopfte Gehirne, zur Beseitigung vergangener stinkender Müllberge, die die Gegenwart verdunkeln; Löschung von zu klebrigen Gefühlen, die den Verstand lähme; Löschung gemeiner Gedankenketten, wie z.B. dem oder der wünsche ich nichts Gutes; Beseitigung zu enger Vorstellungen, was in der Welt Leben bedeutet, Reinigung von unanständigen Bedürfnissen wie z.B. Geld auf Kosten der Gesellschaft anhäufen oder Frauen und Kinder missbrauchen; Widerwärtige Gewohnheiten löschen wie zu viel Essen und zuviel digitale Präsenz. Veränderungen von angepassten Verhaltensmustern und Sätzen wie: das tut man doch nicht, vor allem nicht in deinem Alter!; Aufzeigen von moralisch religiösen Absurditäten wie Gott der Herr sieht dich, Erbsünde, u.ä. Sicher finden wir noch einiges anderes unnützes Zeugs bis dieser Apparat gereinigt ist und wieder gut arbeiten kann. Der emotionalen, sozialen und intellektuellen Intelligenz könnte dadurch mehr Energie zur Verfügung gestellt werden, was dem Individuum und der Gesellschaft zugute käme. Mein Apparat ist in Arbeit auch ohne Reinigungsapp, was nicht so einfach ist. 22. November 2019Ich lese “Schnee“ von O.Pamuk, eine Welt aus Dummheit und Gewalt, eine Welt der Angst und Poesie. Ich tauche ganz ein, erwache wieder daraus und brauche lange, um “ meine Realität“ zu sehen, in sie hineinzuschauen, in der alles so normal und friedlich, ja fast langweilig ist. Ein Gefühl der Melancholie legt sich wie der gräuliche Schleier des Regens draußen auf Geist und Herz, nicht die Melancholie der Stadt Istanbul wie bei Pamuk, sondern die Melancholie der stillen Welt, die hier ihre Schrecken nicht zeigt, eher Gleichgültigkeit und Unbeweglichkeit, aus der die Menschen verschwunden sind. Ist es nun Glück oder Unglück, die Einsamkeit der Stille oder ein unendlicher Friede? Der Verstand will mitreden, die Empfindungen sollen zurücktreten und sich von den Gedanken lenken lassen – eine Entscheidung der Vernunft des Geistes. Die Banalität des Alltags tritt wieder auf die Bühne und versucht in verschiedenen Rollen dem Theater des Lebens, dem ernsten Spiel Sinn zu geben, dem Zuschauer mit Verstand und Gefühl die Tore zu öffnen. 7. August 2019 20.04Wir können die Auswirkungen einer einzigen Handlung in ihrer Komplexität nur kurzfristig überschauen, danach entziehen sich deren Folgen unserer Kontrolle. Das bedeutet aber, dass wir jede unserer Handlungen einer ethischen und moralischen Überprüfung aussetzen müssen. Wir können leichter, besser, schneller denken, als das Gedachte in Handlung umsetzen. Heine hat den Schatten, der ihn verfolgte sagen lassen: " Und gehn auch Jahre drüber hin, ich raste nicht, bis ich verwandle in Wirklichkeit, was du gedacht; du denkst, und ich, ich handle." Es ist interessant wie träge das Handeln im Vergleich zum Denken ist, es ist auch von einer anderen Struktur, einer anderen zeitlichen Abfolge. Gedanklich können wir uns alles schnell und - scheinbar - ohne Konsequenzen herholen. Warum sind wir so denkreich und handlungsarm? Ausgewogen wäre der ständige Wechsel von Denken und Handeln. Manchmal sind "fertige" Theorien Anleitungshilfen für Handeln - Denken in diesem Fall Probehandeln, manchmal schaffen Denkgebilde die Erkenntnis, was weiter zu denken ist, um Wissen über ein Problem zu sammeln und damit handlungsfähig zu machen, z.B. in der Technik, die die Physik als Theorie braucht. Es wäre auch wichtig zu unterscheiden, welche Bereiche zuerst die Theorie (das Denkgebilde) brauchen um sinnvoll, verantwortungsvoll zu handeln und welche Bereiche erst die Handlung brauchen und danach die denknotwendige Überprüfung der Konsequenzen. Bei Ersterem spielt die Erfahrung die wichtigere Rolle, daraus erwächst neues Wissen. Und dieses Wissen ist weiter leitend für andere Handlungen. "Am Anfang war die Handlung." Na dann! 14. April 2019 15.26In meinem schönen Café in Apt, Leben um mich, interessante Menschen! Die jüngeren Männer sehen sehr französisch, südfranzösisch aus. (was auch immer das heißt). Die Frauen sehr unterschiedlich; neben mir eine ca. 35 jährige, die sich nicht für ihre Umgebung zu interessieren scheint, distanziert, allein, hübsch, sicher gebildet, auch eingebildet. Musliminnen, wartend mit Kinderwagen, Kopftuch, stehen einfach da, reden und gehen wieder. Insgesamt ist Apt, wie ich mir eine kleine Provinzstadt im Süden Frankreichs vorstelle. Und Jede*r die vorbeigeht sucht nach Bestätigung, Anerkennung und Liebe. Arme, Bedürftige, ca. 50 - 70 jährige, die ganze Umgebung auch bedürftig. Die Diskrepanz zwischen arm und reich ist Thema. Hier im Café sitzen viele Alte. Was machen sie in der Gesellschaft, im Café? Sie schauen, wenden langsam den Kopf von einer Richtung in die andere. schauen, sitzen, kramen nach Brille oder Taschentuch oder Geld und schauen. Sie kommen vom Arzt oder von zu Hause, wo sie sich einsam und verloren fühlen. Ein armes oder reiches Leben sitzt steht neben ihnen, auch ein Rollator vor ihnen. Das Thema alt sein: Leben vor dem Tod; alt werden: Leben nach der Geburt. Ein großes oder ein kleines Leben, gespeichert in einem 10 mal 20 cm Hirnareal mit millionenfachen Verzweigungen. Einige Wege, Verbindungen werden im Alter stillgelegt, da sie nicht mehr befahren werden. Es ist noch ein Geheimnis, wie sich dieses Leben im Gesicht spiegelt, sicher nicht alles, aber das, was sich beständig wiederholt. Der ständige auch schnelle Prozess der Veränderung bei Kindern und jüngeren Erwachsenen schafft die Welt der Zukunft; die Bewegungen in zu Ende gehenden Leben sind langsam und kaum der Veränderung ausgesetzt. Die bekannten Wege werden vorrangig begangen, kaum Abweichungen, alles was erlebt wurde ist da, verfügbar, kein oder wenig Interesse oder kein Platz mehr für Neues. Annahme verweigern ist erlaubt, etwas annehmen müssen, was man nicht mag, nicht mehr braucht. Dem Tod, wenn er anklopft, kann als einzigem die Annahme nicht verweigert werden. Dieses Bewußtsein bleibt erhalten.*** Thema Bewußtsein (BW), heute. Drei Positionen:- BW existiert nur auf der materiellen Grundlage (Gehirn), wobei "gegenständlich" bedeutet, dinglich. - BW existiert auch unabhängig von Materie, - BW ist nur ein begriffliche Beschreibung dessen was wir erleben, emotional, gedanklich. Meine Frage ist: wie sehen die Interaktionsformen zwischen sich entwickelndem Gehirn und Sprachentstehung, sowie dem Erfassen der Außenwelt und den Formen der Außenwelt aus? Zunehmende Dinglichkeit und Abstraktion dient dem Verstehen; mit dem Aufkommen der Sprache wird die Form abstrakter, aber nicht nur in der Übersetzung der sinnlichen Eindrücke in Sprache, auch in Musik, Malerei, Mathematik. Realität als Blick auf BW, so in der neuen Physik. Alle Wissenschaft beruht auf der metaphysischen Annahme, dass es eine feste Realität gibt, deren Dinghaftigkeit auf jeden Fall beibehalten werden muss: Quaks, Strings, Proton,Elektron,Neutron. Bohr und Schrödinger erwähnen die Kombination von östlicher Philosophie der Leere und dass es kein festes Objekt gibt. Phänomene haben keine autonome Realität, aber existieren als einfache Erscheinungen, sie sind kein Nichts, können also Funktionen übernehmen, die den Gesetzen der Kausalität gehorchen.20. Februar 2019, 22 Uhr 17Wenn das Leben mir mal wieder die Absurditäten um die Ohren haut, dann lese ich Fernando PESSOA : Das Buch der Unruhe des Hilfsbuchhalters Bernardo Soares und bin zutiefs einverstanden mit seiner detaillierten Sicht auf die Welt: "Leben heißt Strümpfe häkeln, nach fremden Vorgaben. Dabei aber sind die Gedanken frei und alle verzauberten Prinzen können sich in ihren Gärten ergehen, zwischen den Maschen, die der Widerhaken der Elfenbeinnadel eine um die andere aufnimmt. Häkelwerk der Dinge . . . Zwischenräume ....Nichts ...." Die Energie des Lebens: "Alles fesselt mich und nichts hält mich" führt ihn zu den beiden Abgründen: " . .ein Brunnen, der in den Himmel schaut". Die Sprache, die Metaphern von Pessoa sind grandios, wenn auch seine Weltsicht zutiefst abgründig, pessimistisch, resignativ ist.Für ihn ist die Wirklichkeit nur im Tag- und Nacht -Traum real, er sieht sich in vielen verschiedenen Personen, die die Welt unterschiedlich träumen und erfahren. Er glaubt nur so das Leben ertragen zu können, und nicht mal das. Wenn er sich zu nichts und niemandem gegenüber verpflichtet fühlt, keine Verantwortung, nicht mal für das eigene Leben übernimmt, dann fühlt er sich frei, all dies ist jedoch in seinem Blick auf die Welt absurd.Auch wenn seine Sprache und Bilder hervorragend sind im Vergleich mit den meisten Schriftstellern, so ist es doch eine eingeschränkte Sichtweise, die er sich selbst auferlegt. Wenn die Hoffnung auf der einen Seite trügt, schafft sie doch Neues. Was bin ich doch vom Glück gestreift, dass ich lachen, lieben, tanzen und gutes Essen genießen kann! Also, wenn du Pessoa liest geht es dir besser, weil du durch seinen Blick auf die Welt erkennst, dass das Leben zu lieben lebenswert ist. 18. Dezember, 20 Uhr 45
Pirandello schreibt in den Novellen, die er zwischen 1922 bis 1928 verfasste so interessant und mit einnem Hang zur Spottlust, nichts zu entdecken von faschistischem Gedankengut, vielleicht war das auch nur eine Laune des älteren Pirandello. Absolut lesenswerte Novellen. Sein Theaterstück: "6 Personen suchen einen Autor" wird immer noch auf allen Bühnen inszeniert. Das Thema hat auch mich fasziniert: "Wir tragen alle eine Welt von Dingen ins uns; jeder seine eigene Welt.“ Thomas Schmid schreibt über Pirandello: Zu der großen Kunst Pirandellos gehört es, dass seine fast durchweg tragischen Geschichten von großer Eleganz und auch Heiterkeit sind. Auf oft zauberhafte Weise verbindet sich in ihnen ausweglose Vergeblichkeit mit großer Schönheit. So habe ich Pirandello auch gelesen. Wenn Weihnachten naht, wiederholt sich jedes Jahr das gleiche Theater, keinen scheint es zu stören, niemand geht auf die Straße und protestiert gegen dieses verlogene Getue. Wir wissen doch, Weihnachten ist ein Kinderfest und ein Ritual für gläubige Christen. So weit so gut. Aber warum spielen wir anderen Erwachsenen das Theater mit? Ich spiele mit, weil ich meinem Enkel die Freude an diesen Festtagsritualen gönnen will und weil ich glaube, die Geschichte des Christentums ist erzählenswert. Kleine Geschenke gehören dazu. Aber dieser Konsumterror? Mein Enkel ist noch zu klein für eine kritische Sicht.
27. November, 14 Uhr 43Der erste Schnee und es entsteht eine Stille, die ich vom Sommer nicht kenne. Hier auf dem Land ist sowieso alles anders als in der Stadt. Was mache ich eigentlich, wenn ich etwas lese? Ich durchdenke die Gedanken anderer, kann auch etwas fühlen, wenn es gut beschrieben wird. Auch verändern sich meine Gefühlsgedanken dadurch, ohne dass ich kontrollieren kann, wie. Ist es deshalb so wichtig was ich lese? Pirandello, ein italienischer Autor und Dramatiker,1938 gestorben, wurde sehr bekannt, weil er einen bestimmten Stil erfand, der wohl revolutionär für die Bühne war. Er war ein ausgewiesener Faschist, der Mussolini gerne unterstützte. Jetzt frage ich mich natürlich, ob man solch einen Autor lesen soll und wie sich seine faschistische Weltanschauung in seinen Texten niederschlägt. Interessant wäre das zu entdecken. Ich kann mir nicht vorstellen, dass in seinen Dialogen nichts davon zu merken ist. In seinem Theaterstück: "6 Personen suchen einen Autor" ist die Rolle, die er der Mutter angedichtet hat, erbärmlich. Es wird immer wieder betont, dass seine Schriften unpolitisch seien, aber gibt es das? Jedenfalls werde ich mich in nächster Zeit damit mehr beschäftigen und ich bin sehr gespannt. Aus meinen Aufzeichnungen von 2010 und doch aktuell: Philosophie ist u.a. das Denken über Zusammenhänge und die Entstehung von Kulturen und deren Geschichte und wie sich diese anderen Kulturen auf die vorhandene Kultur, wenn sie aufeinander treffen, auswirken. Es entstehen immer die gleichen Fragen, es bleiben die gleichen Grundprobleme: Ethik, Freiheit, soziales Miteinander. Ich stelle mir vor, wie bereichernd es sein kann im Austausch z.b. mit muslimischer Denkungsweise. Rafik Schamis Bücher sind ein gutes Beispiel. Das Gedankengiut, die so anderen Lebensbedingungen, die Überzeugungen, die sozialen Ereignisse sind anders, neu für uns. Orhan Pamuk ist ein türkischer Autor, der seine Welt für uns beschreibt. Wenn ich darüber lese tauche ich in die mir fremde Kultur ein und meine Gedankenwelt verändert sich. Verstehen entsteht. Wie kann ich dann noch fremdenfeindlich, antisemitisch, rassistisch sein? 19. September um 13 Uhr 57Es ist nicht einfach, sich aus dem politischen Geschehen zur Zeit herauszuhalten, wie ich es mir vor einiger Zeit vedrordnet hatte: keine Tagesschau, keine Tageszeitung, keine politischenKommentaren und Meinungen inhalieren, schon gar keine Talkshows. Meine Lebensfreude wollte ich mir durch all die Kathastrophenmeldungen nicht nehmen lassen, die Rechte Szene gibt es leider und den Rassismus kann ich nicht aus der Welt schaffen. Ich dachte, wenn ich keine politische Macht habe kann ich nichts bewirken und hatte vergessen, dass ich Teil dieser Gesellschaft und Wirklichkeit bin und somit mitverantwortlich bin für das was passiert oder nicht passiert, ob ich will odedr nicht. Dann habe ich die "Vorlesung" an der Universität Tübingen, Campus TV SPEZIAL 2018, ausgerechnet von der Schriftstellerin Juli Zeh, auf youTube gehört und gesehen und - ich kann es nur empfehlen - Titel: "das Turbo-Ich". Mein Narzismus stöhnte. Sie hat mich überzeugt, dass ich mich einmischen muss und kann, dass ich Möglichkeiten habe zu reagieren. Und dann hörte ich Sascha Lobo auf youTube mit seiner Analyse, "die AFD verstehen ohne Verständnis zu entwickeln", wie die AFD Wähler lockt (u.a. mit platten Emotionen), man muss sich nur die Reden von Dr. Alice Weidel (AFD) anschauen und ihr zuhören und dann weiß man, wie man Wähler lockt und rechtes Nazigedankentum geschickt verpackt. Die Sammlungsbewegung "aufstehen" wurde zur gleichen Zeit ins Leben gerufen und ich hatte zum ersten Mal seit den 70 ger Jahren das Gefühl und den Gedanken: Hier entsteht etwas unabhängig von Parteien oder besser, wir haben eine Chance zu agieren und ich muss meinen Frust über die Politik nicht mehr ignorieren und alleine bewältigen. Zum ersten Mal habe ich von Sarah Wagenknecht gehört, wie der Hintergrund des rechten Gedankenguts zu verstehen ist. Der Vordergrund ist Fremdenfeindlichkeit und Rassismus und der Hintergrund sind soziale Probleme, verkürzt gesagt. Dass wir ein kontrolliertes Einwanderungsgesetz brauchen ist noch kein Rassismus, habe ich jetzt verstanden. Ich will den Rechten nicht mehr das Feld überlassen, bzw. die Straße. Schaut euch die Web-seite von "aufstehen" und die Diskussionen an. Ich habe mich angemeldet. Wir erleben mehr, als wir begreifen. *** 4. Juli um 13.47"Ihr habt die Uhren, wir die Zeit"(Sufi Sprichwort) Was gestern war ist heute nicht mehr, was heute ist, ist morgen wieder anders. Allein durch die Erfindung des Zeitbegriffs sind solche Aussagen möglich. Die Zeit negiert, zerstört, verändert, vergleicht, konkurriert, hetzt, setzt Anfang und Ende. Es war wohl die einschneidenste Erfindung des Menschen. Meine Träume scheren sich nicht um Zeitbegriffe. Das Bewußtsein von Zeit treibt uns. Die Wahrnehmung der Zeit in Kombination mit Bedürfnissen . . einGedankenprodukt . . .aber ich habe . . .nein ich bin . . . nein, leben heißt so: die Zeit füllen. Im Traum z.B. läuft die Zeit wie der Traum es gerade braucht. Wir können auch in der Vergangenheit und in der Zukunft spazieren, vorwärts, rückwärts, ohne Rücksicht auf zeitliche Abfolgen. Die Zeit totschlagen ist ein brutaler Akt, der mir jedoch den Frieden der Gegenwart bescheren kann, die keinem Plan folgt. Ich katapultiere mich aus dem Zeitfluss der mich forttreibt in andere Zeiten, ich kann nicht mehr verweilen an einem Ort in einer Gleichzeitigkeit – ein Unwort in m e i n e r Zeit, ich kann gleichzeitig schreiben und denken, meine ständig sich verändernde Gleichzeitigkeit, wir können die Nicht-Veränderung nicht wahrnehmen, nicht denken, haben keinen Sinn dafür entwickelt.
ZeitvertreibIch will die Zeit nicht mehr vertreiben, sie jagen oder sinnlos füttern, wenn sie versteckt im Alltagstaumel vergessen ihre Runden dreht, bis sie erschöpft von leerer Fülle verlöscht, im Feuer meines Lebens dem Tod gehorcht. Ich will die Zeit nicht mehr vertreiben. 1. Juni um 21.35 UhrOh ihr, die ihr von euren Schreibgelüsten gepeinigt werdet wie von Dämonen; die ihr für ein Quentchen Erfolg gern die Minen von Peru hergäbet: Löst euch von der erbärmlichen Meute der gemeinen Schriftsteller, die im Dienste des Publikumsgeschmacks oder der öden Gelehrsamkeit stehen! Löst euch von den langweiligen Gelehrten, deren Werke tristem, eintönigem und grenzenlosem Ödeland gleichen, in dem keine einzige Blume wächst! Schreibt entweder garnicht, oder schwingt euch aus diesen Niederungen empor! Seid frei und groß in Wort und Tat! Demonstriert einen überlegenen und unabhängigen Geist! Julien Offray de La Mettrie, franz. Arzt und Philosoph Super, modern und ewig aktuell, vor über 300 Jahren geschrieben von einem Querdenker. Natürlich ist es verführerisch beim Schreiben an den Publikumsgeschmack zu denken, aber demnach müsste ich sofort Krimis schreiben, oder Liebesgeschichten, die die Verlage so gerne drucken, wie mir eine Lektorin sagte. Mir ist noch nicht ganz einsichtig, warum Krimis als Buch oder Film eine solche Beliebtheit haben. Ist den Leuten das eigene Leben so langweilig wenn es keine Morde oder Betrügereien gibt, denen sie vom Sessel aus beiwohnen können? Auch die Zeitungen und Nachrichten sind voll von Katastrophen und Verbrechen. Verstehe das wer will, ich bemühe mich nicht mehr alles verstehen zu wollen, was das menschliche Hirn sich so zusammenspinnt. Frei und groß in Wort und Tat - wenn das kein Superziel im Leben ist, was dann? 15. Mai um 11.13Unnütze und deshalb meistens vergnügliche Gedankenspiele - so möchte ich ab jetzt meinen Beitrag zur Intelligenzförderung der Menschheit nennen. "Gedankenblog" hat mich schon immer etwas seltsam gestimmt, fühlte sich an wie ein Block im Hirn, der nicht beweglich genug ist sondern eher dumm rum liegt und den so nötig gebrauchten Platz für die gute Flexibilität besetzt. Das Folgende ist heute leider wenig vergnüglich: Ich habe mir irgendwann vor nicht allzulanger Zeit geschworen, mich nicht mehr an der politischen Weltbühne umzuschauen, weil ich das dumme Plärren der verlogenen Münder einfach nicht mehr ausgehalten habe. Ja, ich habe emotional aufgemischt und mit Gedanken und Regungen reagiert, die ich in meinem Erlebenshaushalt nicht pflegen will. Dass ich mir in diesem Punkt untreu geworden bin liegt an der Nachricht von heute morgen, (einmal am Tag die Nachrichten hören gönne ich meinem Hirn, damit ich mir weiterhin meinen Abscheu vor dummen, vorgestanzten Sätzen von Politikern bestätigen kann), so informierte man mich über die unglaubliche Dummheit und Dreistigkeit eines israelischen Politikers, der verkündet, dass das Töten von Palästinänsern zum Frieden in der Region hilfreich sei. Wieso protestieren nicht alle denkenden Politiker in unserem Land oder in Europa? Diese Angst und Feigheit vor Israelis hat Geschichte, ich weiß, aber kann die menschenunwürdige Behandlung und Tötung der Menschen im Gazagebiet in irgendeiner Form das Unmenschliche, das den Juden angetan wurde rechtfertigen oder wieder gutmachen? Und wenn es darum nicht geht, dann ist es nur noch brutale Behandlung von Menschen und Mord und Diktatur eines Staates, ein Staat, den wir so nicht handeln lassen dürfen wenn die Menschenrechte noch irgendeine Bedeutung haben sollen. I Ist die Kritik an Israels Politik schon Antisemitismus? Nein! Warum nicht? Weil ich nicht die Juden kritisiere sondern herrschsüchtige Politiker, egal welchen Glaubens sie sind, die über Leichen gehen und Macht mißbrauchen. In diesem Zusammenhang möchte ich wieder das Buch von Rolf Verleger: "Israels Irrweg" empfehlen, selbst Jude, bestrebt, Israel als Staat mit menschenwürdigen Zuständen zu erhalten. 7. Mai um 10.30 Ich suche! Haben Andere gefunden? Verschiedene Lebensentwürfe zu verschiedenen Zeiten! Kein Entwurf der das Leben einfangen will hat Anspruch auf End-Gültigkeit vor anderen. Auch ist die Beschäftigung damit kein Privileg nur junger Menschen. Immer wieder, in verschiedenen Zeitetappen, können wir uns neu orientieren, neue Fragen stellen, Veränderungen neu bewerten, Ziele neu formulieren. Ist es Unentschlossenheit, die Dinge zu Ende zu führen, die Vermeidung von Handlung, die Angst vor der Endgültigkeit, die das Ende verkündet. Es ist kein Thema von Unzuverlässigkeit! Am ehesten noch von Neugier! Aber Veränderung so angeschaut macht vielen Menschen Angst. Muss es denn gleich ein neuer Lebensentwurf sein? Ja und Nein. Manchmal ist es wohl notwendig einen großen Schritt zu tun oder sich umzudrehen und eine andere Richtung einzuschlagen. Anderen genügt vielleicht nur stehen bleiben und schauen und einen Stein auf dem eingeschlagenen Weg zu entfernen. Konsequent wäre, die Form zu finden, der ich mein Denken Fühlen Handeln ganz anvertrauen kann, bis - ja bis mir die nächste "Wahrheit" begegnet. Die Kategorien Richtig-Falsch, Irrtum-Wahrheit zurren uns fest, helfen nicht unbedingt. Ich lass nicht eher meinen Geist ruhen, bis ich die Wahrheit, die es so nicht gibt, gefunden habe. Alle Weisheitsaussagen helfen nicht - das Leben selbst will durchdrungen und verstanden werden: im Tun wie im Nicht- Tun, im Denken wie im Nicht-Denken, im Fühlen wie im Nicht-Fühlen, im Schlaf wie im Wach-Sein, im Schauen wie im Nicht-Schauen, im Bewußtsein wie im Nicht-Bewußtsein. 18. April um 17.22Die intensive Beschäftigung mit Jüdischen Autoren und ihren Texten, mit der jüdischen Kultur und Geschichte in den letzten 4 - 5 Wochen, ist eine geistige und psychische Herausforderung, emotional manches Mal nicht auszuhalten, wenn Elie Wiesel in seinem Vortrag "Die Massenvernichtung als literarische Inspiration" zum Beispiel von heimlich gemachten Notizen der Juden im Getto und in den KZs vorliest oder von Kindern berichtet, die auf brutale Weise ermordet wurden. "Bevor ein Ereignis zum Gegenstand der Literatur werden kann, muß es einen möglichen Zugang zu ihm auf dem Weg der Identifikation geben". So Wiesel! Das geht gar nicht, weder von Seiten der Opfer noch der Täter. Und doch haben viele direkt und indirekt Betroffene, auf sehr verschiedene Weise geschrieben. Imre Kertész "Roman eines Schicksallosen" und seine gesamte Literatur in der Auseinandersetzung mit den Erfahrungen des Holocaust ist ein besonderer, nicht von allen akzeptierter, literarischer Zugang; wenn man noch seine Tagebücher von 2001 - 2006 "Letzte Einkehr" liest, versteht man plötzlich, warum er so und nicht anders schrieb. Überraschend war für mich, wie tief Kafka mit seinen Werken im Judentum verwurzelt ist, ohne direkt über seine jüdichen Wurzeln zu schreiben, außer im Brief an den Vater: "Ebenso wenig Rettung vor dir fand ich im Judentum . . ." Das Dilemma der jüdischen Identität! Ich bin jedenfalls Autoren wie Aharon Appelfeld, Edgar Hilsenrath, Jurek Becker, Ilse Aichinger und vielen Anderen, die ihre Erfahrungen ganz individuell literarisch gestaltet haben sehr dankbar und glaube, jetzt ein wenig besser zu erkennen, was Jude sein in der Geschichte bedeutete und vielleicht auch heute noch bedeutet. Und das hat, liebe Lena Gorelik und lieber Charles Lewinsky, nichts mit Philosemitismus zu tun. 4. April um 10.51Ich gehe die Treppe hoch und stehe vor dem Schreibtisch des naturwissenschaftlich orientierten und interessierten Philosophen oder des philosophisch orientierten und interessierten Naturwissenschaftlers, wer weiß das schon so genau. Denken, Sprache, Bewußtsein, alles will verstanden, erklärt und kommentiert werden. Wir denken über das Denken mit Hilfe des Denkens nach, wir sprechen mittels Sprache über die Sprache, wir sind uns bewußt, dass unser Bewußtsein uns bewußt sein lässt. Alles will gedacht, besprochen und bewußt werden. Oh, oh, oh, mein Kopf steht in Flammen. Wenn ich ein Radio habe und daraus Mozart-Musik oder eine gute Geschichte höre, singe ich und tanze, freue mich des Lebens und genieße. Der naturwissenschaftlich Orientierte schaut sich das Innere des Radios an, analysiert und erkennt die Funktionsweise, freut sich des Lebens und genießt die Technik. Hier gibt es kein Richtig und Falsch, Gut und Schlecht, nur unterschiedliche Interessen. Warum Naturwissenschaftler und Geisteswissenschaftler sich immer noch die Haare raufen, wenn sie sich begegnen, werde ich nie verstehen. Das was mir am Meisten Freude macht, mich immer wieder fasziniert sind Symbole oder Gleichnisse in ihrer Vieldeutigkeit und nicht gänzlich erschöpfenden Aussage, z.B. das Höhlengleichnis von Platon oder die Spiralsymbolik, die mich an Unendlichkeit erinnert, die ich nie verstehen werde in meiner Endlichkeit. Die Aussage des christlichen Symbols des Kreuzes ist aufgeladen mit guten und weniger guten Geschichten und individueller und allgemeiner Interpretation der christlichen Religion, erschöpft sich aber darin nicht. Das Symbol des jüdischen Davidsterns kann die 2000 jährige Geschichte des Judentums mit allen Aspekten in uns wach rufen, ohne sich zu vollenden. Die Sprache ist seriell, das Symbol nicht. Die Sprachsymbolik ist in Gedichten am deutlichsten zu finden: Dem Nichts der Zukunft sich entuziehn Dem Zeitigen sich anvertrauen Der Trauer der Vergeblichkeit entfliehn Das Ewige im Vergangenen aufbauen? Wer Schmetterlinge lachen hört und weiß wie Träume schmecken . . . . . . . 25. März 2018 um 8.28„Wir verstehen nichts mehr, weil wir längst zu viel wissen“ (Steve Fullar, amerik. Soziologe) Wie verschwinden Ideen? Gedanken sind so flüchtig wie der Wind, der gelegentlich ums Haus streicht. Und doch bestimmen sie unser Handeln und unsere Gefühle, ohne dass wir sie ständig kontrollieren können. Vielleicht ganz gut so. Warum ich über Tod und Sterben manchmal nachdenke?
Das Sterben ist das größte Ereignis des Lebens – neben der Geburt! Das Sterben als Freund des Lebens, der Tod als Moment des Lebens, zeitlos ohne Vergangenheit, Gegenwart, Zukunft, Moment der Leere vor und nach dem Leben. Tod und Leben vereinen sich im Sterben, das große Erleben, Ersterben, Ertoden.
Vereinigung im Vergehen.
Vereinigung auch im Entstehen.
Samen und Ei als Eintrittskarte für den Prozess der Veränderung, der Leben heißt, dann streben wir über den Tod hinaus zum All-Eins-Sein.
Wir sagen Tod und beschreiben damit die Veränderung der Form des Lebens, eine Gestalt, Struktur, Form, die wir durchlaufen.
Unterscheiden sich dann noch Leben und Tod?
Unser Denken, Bewusstsein verführt uns zu glauben, dass wir im Menschsein eine einmalige Form angenommen haben. Davor und danach das Nichts.
Aber wir haben immer nur das Bewusstsein der jeweiligen Formgestalt, in der wir uns gerade befinden, d.h. das Bewusstsein vor dem Beginn des Lebens ist uns nicht verfügbar, das Bewusstsein, das dem Tod angehört kennen wir nicht.
Manche Menschen lieben den Tod mehr als das Leben, das ihnen zuwider geworden ist, dem sie die Liebe verweigern, sich nicht verzeihen, dass sie, wie sie es nennen oder verstehen, gescheitert sind.
Das eigene Leben vorzeitig beenden (ausgenommen die notwendige Sterbehilfe) ist brutal, aggressiv, widernatürlich, dumm, geistig verwirrt, krank, traurig. (Jean Amery ist zwar anderer Ansicht, aber er hat Unrecht behaupte ich jetzt). Der Suicid-Versuch spricht Mitgefühl an, man möchte sie retten, ihnen Liebe geben, Mut machen, die Würde des Lebens bewusst machen. Ich muss dazu erklären, dass ich 5 Jahre mit suicidalen Kindern und Jugendlichen in einer Klinik gearbeitet habe und deren Verzweiflung am Leben kennen und verstehen lernte. Aber wie glücklich sie (und ich) waren, als sie einen Weg zurück ins Leben sahen, werde ich nicht vergessen.
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